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"Nach dem Klatschen kommt die Klatsche"

Die Caritas-Arbeitgeber haben sich am 25. Februar gegen einen bundesweiten Tarifvertrag Altenpflege ausgesprochen, der die Arbeitsbedingungen in der Branche nachhaltig verbessern könnte. Die Diakonie entzog sich einer Positionierung mit dem Verweis darauf, dass mit der Caritas-Entscheidung bereits Fakten geschaffen wurde. Zum Hintergrund und dem Verfahren siehe den Beitrag über den Weg zu besseren Löhnen in der Pflegebranche.

Viele Bürger*innen hatten in der Pandemie auf Balkonen geklatscht und damit der in der Krise erkannten Bedeutung dieser Berufe Ausdruck verliehen. Doch Bürger*innen können die Arbeitsbedingungen in der Pflege nicht verbessern, das können nur Arbeitgeber. Der Flächentarifvertrag Altenpflege wäre ein Schritt in diese Richtung, denn er würde Arbeitgeber der Pflegebranche auf die Zahlung von Mindestlöhnen und die Einhaltung von Mindestarbeitsbedingungen verpflichten – wie es in anderen Branchen schon üblich ist. Doch die Caritas-Arbeitgeber ermöglichen durch ihre Blockade, dass viele Beschäftigte in der Pflegebranche weiterhin schlecht bezahlt werden – auch ihre eigenen.

Es heißt zwar oft, dass die Caritas in vielen Bereichen höhere Löhne als in dem nun vorgestellten Tarifvertrag zahlt, aber sie tut das eben nur in vielen, nicht in allen Bereichen. So erklärt der Sprecher der Caritas-Dienstgeber, Norbert Altmann, in einem Interview mit DOMRADIO.DE: "Wir haben durchaus Vergütungen in der Altenhilfe, die nicht höher sind als das, was der Tarifvertrag beschreibt. Das heißt, dass wir an der Stelle heftig nachbessern müssten. Es geht um plus zehn Prozent bei einzelnen Tätigkeiten."

Ein weiterer Grund für die Ablehnung des Tarifvertrags durch die Caritas: Die in dem Tarifvertrag vereinbarten Vergütungen in der Altenhilfe würden in ihre Tarifstruktur eingreifen. Dabei regelt der von ver.di und dem Bundesverband Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) ausgehandelte Tarifvertrag lediglich die Mindestbedingungen für eine gute Arbeit in der Pflege. Die Solidarität der Caritas-Arbeitgeber gilt anderen Arbeitgebern in der Pflegebranche und nicht deren Beschäftigten. "Nach dem Klatschen kommt die Klatsche", so bringt ver.di es auf den Punkt.

Die Entscheidung der Caritas, den Tarifvertrag abzulehnen, wurde in der Arbeitsrechtlichen Kommission getroffen. Dieses Gremium, das paritätisch mit Vertreter*innen der Dienstgeber und der Dienstnehmer*innen besetzt ist, verhandelt und entscheidet über die Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Caritas. Eine Sozialpartnerschaft – also eine Partnerschaft von Gewerkschaften und Arbeitgeberverband – gibt es im Bereich der Caritas nicht. In dem genannten Interview mit DOMRADIO.DE betonte Altmann, dass dieser kirchenspezifische Weg "in der ganzen tariflichen Auseinandersetzung der beste Weg (ist). Wir haben einen konsensualen Prozess und klare demokratische Verfahren in diesem Bereich."

Allerdings entspricht diese Aussage nicht der Einschätzung der Dienstnehmerseite der Caritas, die der Caritas-Dienstgeber mangelnde Solidarität mit den beruflich Pflegenden vorwirft. So stellt Thomas Rühl, Sprecher der Caritas Mitarbeiterseite, fest: "Ein allgemeinverbindlicher Tarif Altenpflege hätte für tausende zumeist bei privaten Anbietern beschäftigte Menschen ein Ende von Dumpinglöhnen bedeutet. Die Caritas Mitarbeiterseite wollte, dass auch in der übrigen Branche gute Mindestbedingungen herrschen – dieses gesellschaftlich wichtige Projekt ist nun ausgerechnet an den Dienstgebern der Caritas gescheitert. Die Caritas wirbt derzeit mit einer Kampagne für mehr Solidarität in der Gesellschaft und nicht zuletzt auch für eine Aufwertung sozialer Berufe und Gesundheitsberufe. Mit ihrer Verweigerungshaltung hat die Dienstgeberseite den Ruf und die Glaubwürdigkeit der Caritas massiv beschädigt."

Auch die Entscheidung der Diakonie sich nicht zu positionieren ist auf die Haltung der Arbeitgebervertreter*innen in der Arbeitsrechtlichen Kommission zurückzuführen. "Die MitarbeiterInnenseite habe abstimmen und damit trotz des Neins der Caritas ein Zeichen für einen Branchentarif setzen wollen" – so wird deren Sprecher, Andreas Korff, vom Evangelischen Pressedienst zitiert.

Der KDA sieht sich an der Seite der Beschäftigten und wird sich weiterhin in Pflegebündnissen und seinem Netzwerk für eine Aufwertung der Pflegeberufe und Mindestlöhne einsetzen.

 

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